PROFINET over TSN
Profinet TSN (Time-Sensitive Networking) ist eine Erweiterung des PROFINET-Kommunikationsprotokolls, die Echtzeit-Kommunikationsfähigkeiten für industrielle Automatisierungssysteme bietet. TSN verbessert die Fähigkeit von PROFINET, die hohen zeitlichen Anforderungen industrieller Anwendungen zu erfüllen und gewährleistet eine zuverlässige und deterministische Kommunikation über Ethernet-Netzwerke.
PROFINET over TSN - Live
Roadmap für PROFINET über TSN
Nach der Veröffentlichung der PROFINET-Spezifikation V2.4 mit integrierter TSN-Funktionalität (Time Sensitive Networking) arbeitet PI (PROFIBUS und PROFINET International) konsequent an der Umsetzung weiterer Module für eine erfolgreiche Markteinführung.
Das TSN-Profil für „Industrial Automation“ wird derzeit auf Basis von Use Cases unter Verwendung der relevanten IEEE-Ethernet-Standards entwickelt. Im Rahmen der „IEC/IEEE 60802“, einer Joint Working Group zwischen IEC und IEEE, werden sowohl die geeigneten Funktionen von TSN als auch die Konfigurationsmechanismen für ein konvergentes TSN-Netzwerk definiert.
Darüber hinaus wird im Rahmen des IEC 61158 Wartungszyklus die aktuelle Version der PROFINET-Spezifikation aktualisiert. Diese Spezifikation bildet die Grundlage für die Erstellung von Testfällen und die Implementierung des PROFINET-Testers für die Zertifizierung.
Auf dieser Basis arbeiten die Hersteller mit Hochdruck an der Realisierung ihrer PROFINET-Lösungen. Neben Demo-Installationen auf Messen werden verschiedene Schulungen und Entwickler-Workshops durchgeführt, um Details und Hintergründe sowie die nächsten Schritte der Spezifikation zu vermitteln.
Das Spannende an den TSN-Mechanismen ist nach wie vor die Anwendung.
Offene Fragen sind z.B:
- Wie wird ein TSN-Netz aufgebaut und konfiguriert?
- Was bedeutet GBit und wie können vorhandene Geräte und Systemkomponenten angebunden werden?
- Wie kann die vertikale Kommunikation zu übergeordneten Systemen wie Cloud/Edge im gleichen Schritt realisiert werden?
PI gibt Antworten auf diese Fragen, so dass mit TSN eine zukunftssichere gemeinsame Layer2-Technologie für die PROFINET-Kommunikation im Feld zur Verfügung steht.
Echtzeitkommunikation mit PROFINET basierend auf TSN
Wie funktioniert die Integration von TSN in PROFINET?
Viele Anwender fragen sich derzeit, warum TSN (Time-Sensitive Networking) die Kommunikationsplattform für zukünftige Automatisierungsaufgaben ist.
Um es auf den Punkt zu bringen: TSN zielt unter anderem darauf ab, die konvergente und robuste Nutzung eines gemeinsamen Ethernet-Netzwerkes für IT- und OT-Anwendungen zu ermöglichen.
Warum wird TSN überhaupt benötigt?
Mit der Weiterentwicklung von Fabriken werden viele zusätzliche Komponenten in eine Anlage integriert, wie z.B. Virenscanner. Solche Aktionen, wie z.B. ein Virenscan, belasten das Netzwerk, da Standard Ethernet (TCP/IP) sehr große Datenpakete enthalten kann und nicht echtzeitfähig ist. Wenn große TCP/IP Datenpakete vorhanden sind, können diese die Kommunikationswege blockieren und es ist nicht möglich, dass Echtzeitdatenpakete diese überholen. Dies verzögert nicht nur die Zustellung der Datenpakete in jedem Switch, sondern führt auch zu einem regelrechten Stau in den Geräten.
Komplexität vereinfachen
TSN bietet Vorteile wie die zukunftssichere IEEE-Ethernet-Technologie mit höherer Bandbreite, Determinismus, flexibler Netzwerkkonfiguration und einer Vielzahl von Chips. Erklärtes Ziel der Anwender ist es jedoch, bewährte PROFINET-Anwendungen und bestehende Architekturen weiter zu nutzen. Deshalb arbeitet PI nicht nur an der Integration von TSN, sondern auch daran, diesen neuen Migrationspfad für den Anwender so einfach wie möglich zu gestalten und gleichzeitig flexibel für zukünftige I4.0-Anwendungsfälle zu bleiben.
Erleichterung für den Anwender
Die gute Nachricht ist, dass es für den Anwender tatsächlich eine Erleichterung darstellt.
Heute ist die Netzwerkkonfiguration (d.h. die Definition der Kommunikationswege von der Steuerung zum Gerät) Teil des Engineerings.
Zukünftig wird diese Aufgabe in die Software der PROFINET-Geräte verlagert und damit Teil der Laufzeit im Controller bzw. Gerät.
Dies entlastet nicht nur den Anwender, sondern erhöht auch die Flexibilität. Für die Konfigurationsberechnung muss der Anwender lediglich einfache Regeln für das Netz definieren.
Dazu gehören:
- Auswahl eines Arbeitstaktmasters (typischerweise die SPS)
- Datenrate (z.B. 100 Mbit/s oder 1 Gbit/s)
- Name der Domäne
- Zeitsteuerung der Aktualisierungszyklen
Diese Einstellungen sind schnell erledigt, zumal sie für das gesamte Netzwerk (die gesamte Domäne) und nicht pro Gerät eingestellt werden. Dies reduziert den Aufwand erheblich. Es ist auch nicht mehr notwendig, während des Engineerings eine Zieltopologie zu erstellen - dies ist aber bei Bedarf immer noch möglich. Inzwischen ist die Entwicklung und Integration der entsprechenden TSN-Mechanismen für den Einsatz in der heutigen Automatisierungswelt weit fortgeschritten. Wichtige, d.h. für die industrielle Automatisierung relevante Funktionen sind bereits in Standards enthalten oder werden in Kürze in Standardchips integriert. Damit eröffnen sich neue Anwendungsfelder und Hardwaredesigns für Steuerungen; außerdem können Feldgeräte mit diesen Standardchips flexibler implementiert werden.
Aktueller Stand
Das von PI gesetzte Ziel, TSN als zusätzliche Layer-2-Technologie in die PROFINET-Architektur zu integrieren, wurde mit der aktuellen PROFINET-Spezifikation V2.4 erreicht. Die Arbeiten an der Spezifikation sind abgeschlossen und die drei Teile des Dokuments können von der PI-Website heruntergeladen werden.
Damit können sowohl Hersteller als auch Anwender die Vorteile von TSN interoperabel umsetzen. Hersteller von PROFINET-Feldgeräten verwenden einfach die entsprechenden Module und Stacks oder vorgefertigte Technologiebausteine. Sie müssen also nicht wie heute die Details verstehen oder gar selbst implementieren. So können Gerätehersteller ihr bestehendes PROFINET-Portfolio einfach um TSN erweitern.
Selbstverständlich wird die Spezifikation auch weiterhin im gewohnten jährlichen Wartungsprozess gepflegt, so dass neue Kundenanforderungen, Felderfahrungen oder Technologieentwicklungen offen und nachvollziehbar integriert werden können.Die TSN-Guidline bietet auch eine einfache Erklärung der Anwendung von TSN.
FAQ- PROFINET über TSN
Ethernet mit TSN erweitert im Wesentlichen die bestehenden Mechanismen von Ethernet um die Themen Quality of Service (z.B. Bandbreitenreservierung), Zeitsynchronisation sowie geringe Latenz bis hin zu stoßfreier Redundanz. Die Anwendungen melden ihren Kommunikationsbedarf beim Netz an und bekommen vom Netz die jeweils benötigte QoS zugesichert.
Die jeweiligen Verbindungen laufen dann in so genannten Streams, die über die Ressourcenzuweisung im Speicher der Switches Bandbreitenschutz erhalten. Jeder dieser Streams kann prinzipiell mit Echtzeitfähigkeit ausgestattet werden. Durch die gekapselten Streams ist es mit TSN auch möglich, mehrere echtzeitfähige Protokolle parallel in einem Netz zu betreiben. Dies wird auch als Netzkonvergenz bezeichnet.
Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu heutigen Ethernet-basierten Echtzeitprotokollen wie PROFINET, bei denen das Netzwerk nur PROFINET als einziges echtzeitfähiges Protokoll (neben TCP/IP-basiertem Verkehr) zulässt.
Nein, TSN wird PROFINET nicht ersetzen.
Da PROFINET von Anfang an auf IEEE-Standards aufbaut, sehen wir die in der IEEE zu standardisierende TSN-Technologie als sinnvolle Erweiterung des Layer 2 von PROFINET. PROFINET bietet für die Automatisierung notwendige Dienste wie zyklische und azyklische Daten, Alarme/Diagnose, Parametrierung usw., die IEEE-Mechanismen wie TSN alleine nicht leisten können.
TSN ist also keine Konkurrenz zu PROFINET, sondern beschreibt IEEE-Basismechanismen, die Kommunikationsprotokolle wie PROFINET oder OPC UA nutzen können. PROFINET kann die Möglichkeiten eines TSN-Netzwerks nutzen und davon profitieren.
TSN allein wird PROFINET nie ersetzen können, da es sich um eine Basistechnologie handelt, auf der Kommunikationsprotokolle aufgebaut werden können.
PI arbeitet bereits daran, PROFINET neben RT und IRT auch auf Basis von TSN einzusetzen.
TSN standardisiert die Echtzeitmechanismen auf Layer 2, die in heutigen Ethernet-basierten Feldbussystemen wie PROFINET mit IRT typischerweise durch spezielle Hardware gelöst werden. TSN-basierte Protokolle können daher zukünftig auch in taktsynchronen Anwendungen mit über IEEE standardisierter Hardware betrieben werden. Damit bietet PROFINET mit TSN die bereits von PROFINET mit IRT bekannten Vorteile (Zeitgenauigkeit, Reproduzierbarkeit, Bandbreitenreservierung, Diagnose), jedoch auf Basis von Standardhardware.
Selbstverständlich werden die RT- und IRT-Mechanismen weiterhin Bestandteil der PROFINET-Spezifikation bleiben und von den PROFINET-Innovationen profitieren.
Darüber hinaus:
PROFINET auf TSN-Basis adressiert nicht nur IRT-Anwendungen (taktsynchrone Motion-Control-Anwendungen), sondern auch den mit RT adressierten Anwendungsbereich.
Wenn das Industrieprofil IEEE/IEC 60802, das die TSN-Dienste für die industrielle Automatisierung definiert, angenommen wird (ab 2021).
TSN erfordert eine „TSN-fähige“ Hardwarekomponente; die heute installierten Ethernet-Komponenten können in der Regel nicht per Software zu TSN erweitert werden.
Es ist jedoch absehbar, dass in Zukunft die „Standard-Ethernet-Baugruppe“ eine TSN-fähige Ethernet-Baugruppe sein wird. Dies ist eine Motivation für PI, PROFINET auf TSN zu setzen.
Alle namhaften Gerätehersteller haben bereits die Entwicklung von Hardwaregeräten mit TSN-Mechanismen begonnen oder zumindest angekündigt. Dies eröffnet den Geräteherstellern ein breites Spektrum an Möglichkeiten für ihre unterschiedlichen Hardwaredesigns der Geräte.
PROFINET over TSN Leitfaden:
Diese Richtlinie bietet eine erste Anleitung für Geräte- und Stack-Entwickler, um die Entwicklung neuer Geräte, die PROFINET over TSN unterstützen, zu beschleunigen.
PROFINET over TSN Scheduling Leitfaden:
Leser dieses Leitfadens sind Entwicklungsleiter und Entwickler von PROFINET over TSN Scheduling/Engineering Tools und Geräten (für Mitglieder).